„Das war aber eine schöne Veranstaltung!“ – So oder so ähnlich lauteten die spontanen Reaktionen der knapp 30 Zuhörer nach der literarischen Lesung in dem kleinen Ehrenfelder Buchladen. Und das mit Recht.
Nach der Begrüßung durch Johannes Fischer (re.) stellte Dieter Wagner (li.) kurz Geschichte und Philosophie von Slowfood vor. Dabei kritisierte er die nach Lebensmittelskandalen übliche öffentliche Debatte, die das Thema Lebensmittelproduktion auf das Thema Gesundheit reduziert. Diese kann, wie zuletzt der FIPRONIL-Skandal gezeigt hat, durch die großindustrielle Produktion nicht gewährleistet werden, obschon die Gesundheit der Verbraucher doch eine absolute Voraussetzung sein sollte.
Was aber in dieser öffentlichen Debatte viel zu kurz kommt, ist die Freude am leckeren Essen, die Neugier auf unbekannte Speisen, die sinnliche Lust beim Erfahren von Geschmackserlebnissen. Aber zum Glück gibt es wackere Verteidiger guter Esskultur – und etliche Schriftsteller gehören dazu.
An diesem Abend wurde aus drei Büchern vorgelesen und Veronika Nickl vom Bochumer Schauspielhaus machte dies auf bezaubernde Art. Sie zauberte das erotische Fluidum, das bei der Beschreibung von Geschmacksbeglückung durch Essen entstehen kann, wunderbar aus den Texten hervor. Aber der Reihe nach:
Weiter ging es, um im Bild zu bleiben, mit der „Exposition“: Es gab leckere von Wiebke zubereitete vegetarische Lasagne mit Quinoa-Paste, Pilzen, Zucchini, Hüttenkäse, Spinat, Mozzarella & Parmesan. Auch dieses Gericht wird in dem Roman von J. Ryan Stradal erwähnt.
Nach genüsslichem kollektiven speisen folgte der nächste Text. Es war ein längerer Auszug aus dem Buch von Marie Ndiaye: „Die Chefin. Roman einer Köchin“. Die in dieser Erzählung enthaltene sinnliche (Essens-)Lust brachte Veronika Nickl ganz wunderbar rüber.
Dieser Textpassage folgte (und entsprach) – sozusagen als zentrales „Drama“ – eine ‚Herbstrolle‘, gefüllt mit Kürbis in Pflaumenchutney, fermentiertem Tofu, Glasnudeln, Koriander & Thai-Basilikum mit Habanero Sojadip. Gefertigt von Katrin und sehr lecker.
Der abschließende Text, den Frau Nickl las, stammte aus dem Roman von Kim Thúy „Der Geschmack der Sehnsucht“. Der Text endete mit einem vietnamesischen Kinderlied, das den Zuhöreren via Youtube auch akustisch zu Gehör gebracht wurde. Der Gesang leitete über zu einem schmackhaften von Dieter produzierten Dessert, das sozusagen den „Epilog“ darstellte. Es handelte sich um ein Birnen-Kaffee-Crumble mit Weißwein, Vanille, Birnenbrand, Honig & Kaffee.
Und weil der Abend sich so genussvoll gestaltete, zog er sich hin bis nach 23 Uhr. Wenn das kein gutes Zeichen ist…
Text:Dieter Wagner. Fotos: Wiebke Rieck, Katrin Manzke